Solch starken Toback verabreicht uns der Alexander Kissler im ‘Cicero’. Also ich und du und ‘die Deutschen’ generell, wir wären allesamt unfähig, einfachste Zusammenhänge zu erkennen. Außer ihm natürlich, unserem politisch-publizistischen Kanzelredner im Auftrag des Herrn und der Börse zugleich:
“Das Gemeinwohl wächst, wo der Staat sich heraushält. Die Debatte um Steuerbetrug und Steuergerechtigkeit zeigt indes, dass die Deutschen dies nicht begreifen.”
Und wo es gar keinen Staat mehr gibt, wie bspw. in Somalia, da steigt das Gemeinwohl bekanntlich ins Unermessliche. Mit anderen Worten: Wer den Sozialstaat plattmacht und allen Steuerhinterziehern noch ein ‘Vivat!’ hinterherruft, der hätte sich um das Gemeinwohl maximal verdient gemacht. Wir aber würden – mangels Intelligenz – einfach nicht begreifen können, wie segensreich es wäre, wenn unser soziales Zusammenleben komplett auf Ehrenamt und Caritas aufbauen würde.
Dass er zum Kronzeugen seiner Rodomontade einen vergilbten Erzkatholiken aus dem Fundus kramt, den Lord Acton nämlich, das ist nicht weiter verwunderlich, so wie der Alexander Kissler religiös gepolt ist. Dass er aber diesen wortgewaltigen Verteidiger einer menschenverachtenden Südstaaten-Sklaverei zum ‘Erzliberalen’ umschminken möchte, das wirft dann entweder kein gutes Licht auf den Liberalismus, der dann ja für ein bisschen Rendite allemal jedwede Menschenwürde beiseite stellen würde – oder der Herr Kissler verschweigt uns Actons sonstige Ansichten aus anderen Gründen, vielleicht weil sein Patchwork-Artikel sonst vollends zu einem Nichts zerbröselt …
Auf den naheliegenden Gedanken jedenfalls, dass der radikale Liberalismus und das ungeschminkte Christentum – wie auch die Humanität – waschechte Gegensätze sein könnten, auf den kommt er jedenfalls nie. Er sollte sich vielleicht mal mit dem Kulturkampf der Bismarck-Zeit beschäftigen, den vor allem die Liberalen gegen die Kirche führten. Die Kirche solle sich aus dem Staatswesen und der Politik heraushalten, das war die liberale Parole zu jener Zeit – und das gilt heute auch für solch zusammengeschusterte Artikel. Statt mit untauglichen Verrenkungen und Beleidigungen der Logik uns den altkatholisch-erzliberalen Schlangenmenschen zu geben, der in seinem Kopf Feuer und Wasser vereint. Wer so etwas sehen will, der soll gefälligst zu Roncalli gehen … selbst der Papst versucht ja nicht mehr, die ‘wirtschaftliche Freiheit’ mit der ‘Freiheit des Christenmenschen’ unter einen Hut zu bringen.
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