Ich habe mich mit dieser Band beschäftigt, weil ein Nachbarsjunge, den ich ansonsten sehr schätze, diese Tiroler Heimatjodler rauf und runter hört. Ansonsten ginge mir diese – sagen wir mal – ‘durchschnittliche Band’ wohl am Mors vorbei. Zu den kurrenten Vorwürfen von links wiederum gehört es, diese Truppe gleich als ‘faschistisch’, ‘kryptofaschistisch’ oder doch zumindest als ‘völkisch’ oder ‘rechtsextrem’ abzutun. Das wiederum ist ähnlich geschichtsblind, wie das Selbstbild dieser klampfenden Ständestaatler auch.
Zu den festen Denkfiguren dort im rechten toitschtümelnden Milieu der Südtiroler gehört es, dass sie einst vom Faschismus verraten wurden, und zwar gleich von beiden Diktatoren, von Mussolini wie von Hitler: Im Jahr 1919 wurde die österreichische Provinz Südtirol von den Siegermächten im Zuge der ‘Neuordnung Europas’ dem Staat Italien zugeschlagen. Nachdem dann im Jahr 1921 Mussolini die Macht ergriff, kam es zu einer rabiaten ‘Italianita’, zur massenhaften Zuwanderung italienischer Arbeiter- und Beamtenfamilien, um das Land italienischsprachig zu ‘nationalisieren’. Das, was die nationalistischen Südtiroler beklagen, das haben sie also dem Duce zu verdanken, und die vielen Mussolini-Statuen in ‘Bella Italia’ erinnern sie auch täglich daran.
Faschisten streiten sich bekanntlich untereinander nicht. Als Hitler nach dem Anschluss Österreichs die Brennergrenze als ewiges Unterpfand des Achsenpaktes anerkannte, propagierte er für die deutschstämmigen Südtiroler nur ein schlichtes ‘Heim ins Reich’. Man klemmte sich also hinter den ‘Völkischen Kampfring Südtirols’, der mit quietschenden Reifen eine bemerkenswerte Kehrtwendung vollzog. 86 Prozent der Südtiroler (210.000 Menschen) stimmten daraufhin der Auswanderung zu, etwa 75.000 Südtiroler verließen das Land tatsächlich auf immer und ewig.
Die Heimattümelei von Frei.Wild knüpft daher nicht an den Faschismus an, der zerstörte eher den Traum von einem ‘freien Südtirol’. Diese Musikusse vergessen dabei allerdings gern, dass ihre eigene Volksgruppe mal mit überwiegender Mehrheit einer Selbstauflösung zustimmte. Wenn es heute also historische Anknüpfungspunkte gibt, dann an den Kaiser Franz Josef, an die österreichischen Heimwehren unter Dollfuß und Schuschnigg, oder an den ‘Österreichischen Bürgerkrieg’ in deren Gefolge. Dass es sich bei diesen Riesenstaatsmännern allerdings um ehrenwerte Figuren gehandelt habe, das wird auch kein vernünftiger Mensch behaupten.
Trotzdem – die rechte Szene ist allemal komplexer, als es sich ein autonomes Spatzenhirn mit seinem allfertigen Faschismusvorwurf ausmalt. Mit ihren Überfremdungsängsten, ihrer Heimattümelei und dem völkisch-kraftmeiernden Getöse möchten Frei.Wild eigentlich nur die Uhr zurückdrehen, zurück hinter jenen Punkt, wo ihr eigenes ‘Volk’ mal höchstselbst die Selbstauflösung beschloss. Politromantik, chancenlos wie immer. Aber es findet Resonanz bei einer europäischen Jugend, die sich immer mehr im eigenen Land ‘unheimisch’ fühlt. Was allerdings dann nicht an den Ausländern liegt, sondern an den Bedingungen, unter denen sie dort heute leben muss. In dem Punkt sind die Frei.Wildler denkblockiert …
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