Der erzkonservative Spiegel-Autor Jan Fleischhauer ist bei den Brands-Tweeties bekanntlich für die große Pauke zuständig. Sein Einsatz kommt immer dann, wenn es mit großem Tamtam gilt, den gesunden Menschenverstand kräftig gegen den Strich zu bürsten. So auch in diesem Artikel, wo er dem Ex-Doktoren und Ich-Bin-So-Freiherren Karl Theodor zu Guttenberg den letzten Bärendienst erweist.
Zunächst einmal beharrt er auf der großen Verharmlosung, dass es sich nämlich in der Causa Guttenberg bloß um eine “unverzeihliche Schlamperei bei den Fußnoten” gehandelt habe. Besonders drollig aber ist sein zentrales Argument, wonach jene empörungssüchtigen Linken völlig falsch lägen, die jetzt einen Verfall bürgerlicher Werte ausgerechnet bei einer bürgerlichen Partei wie der Union witterten – 23.000 Doktoren und Doktoranden müssen also wohl irren. Schließlich sei – tätä! tätä! – der Guttenberg ja gar kein Bürgerlicher, sondern im Gegenteil ein scharlatanesker Hallodri aus dem Adel, zu dessen Wesen das Blendertum schon immer gehört habe.
Ohne dem Adel jetzt zu nahe treten zu wollen – ein Kompliment eines Konservativen an nobilitierte Konservative ist dieser Schlenker sicherlich nicht. Ganz abgesehen davon, dass bei einer solchen kruden Klassenanalyse Fleischhauers soziologische Uhr wohl Anno 1918 zu ticken aufgehört hat, spätestens jedoch 1945. Inzwischen leben wir längst in einer ‘bürgerlichen Gesellschaft’, auch wenn mancher noch ein ‘von’ im Namen trägt und die grünen Blätter unter Floristinnen florieren. Hinzu kommt – dass von Merkel über Schäuble bis hin zu Seehofer – es doch durch die Bank Bürgerliche sind, die jetzt beim taumelnden Adelsspross die kommunikativen Kammerdienerdienste versehen. Was ist denn mit denen? Verraten diese ‘Bürgerlichen’ etwa keine ‘bürgerlichen Werte’?
Besonders lustig wird es immer dann, wenn der Eigenfleischhauer, selbst eines Doktortitels unverdächtig, sich seinen wahren Gegnern, einer imaginierten Linken, zuwendet. Deren Weltbild lutscht er sich einfach aus den Tatzen – bzw. wringt er es sich aus den eigenen biographischen Erfahrungen heraus, die faktisch dem deutschen Herbst entstammen und inzwischen längst in tiefen Winterschlaf versunken sind:
Ja, das heißt dann wohl diesen Linken den Vorwurf zu machen, dass sie nicht länger marxistisch und klassenkämpferisch sind, dass sie also gar nicht so sind, wie sie nach Ansicht des wirren Autors doch zu sein hätten – kurzum: Heute lustiges Popanzbasteln bei Familie Fleischhauer. Vielleicht kann dem guten Mann mal jemand flüstern, dass Linkssein heutzutage keineswegs mehr auf marxistischen Fundamenten ruht, sondern auf jenen schlichten drei Losungsworten der französischen Revolution – mit einem Akzent auf den letzten beiden. Was mich wiederum zu dem Schluss führt, dass der Jan Fleischhauer wohl “tief und fest geschlafen” haben muss, seit der Marxismus samt dialektischem Materialismus zu Grabe getragen wurde. Er tollt dort wie das ewige Kleinkind in seiner bunten Lego-Welt herum, schmäht noch immer seine Eltern, und schmeißt mit Kamelle jenseits jeden Verfallsdatums …
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